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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_1111/2018  
 
 
Urteil vom 12. Dezember 2019  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Gerichtsschreiber A. Brunner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Migros-Genossenschafts-Bund, 
 
gegen  
 
Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, 
Schwarztorstrasse 50, 3003 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Mehrwertsteuer; Bewirtschaftung von Hypothekarforderungen, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, 
vom 5. November 2018 (A-6642/2017). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die A.________ hat Sitz in U.________ und betreibt eine gewinnorientierte Universalbank. Seit dem 1. Januar 1970 ist sie bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) im Register der steuerpflichtigen Personen (Mehrwertsteuerregister) eingetragen.  
 
A.b. Die B.________ hat Sitz in V.________ (ZH) und bezweckt die berufliche Vorsorge im Rahmen des BVG und seiner Ausführungsbestimmungen für die Arbeitnehmer der B.________ sowie für deren Angehörige und Hinterlassenen gegen die wirtschaftlichen Folgen von Alter, Invalidität und Tod. Sie ist ebenfalls im Mehrwertsteuerregister eingetragen.  
 
A.c. Im Zusammenhang mit dem von der B.________ angestrebten Ausbau ihres Hypothekargeschäfts schlossen die A.________ und die B.________ am 18. September 2016 zwei Vereinbarungen: In der "Vereinbarung über den Ankauf von Hypotheken" regelten sie die Übertragung von Hypothekarforderungen von der A.________ auf die B.________, einschliesslich der Übertragung von Kreditsicherheiten, der Berechnung und Vergütung des Kaufpreises und der Auswahlkriterien für den Ankauf der Hypotheken; in der "Vereinbarung über die Bewirtschaftung von Hypotheken" kamen sie überein, dass die Verwaltung und Einziehung der übertragenen Hypothekarforderungen sowie die allfällige Verwertung von Kreditsicherheiten weiterhin durch die A.________ besorgt werde; im Gegenzug solle die A.________ eine "servicing fee" erhalten.  
 
B.  
Nach einem Korrespondenzwechsel zwischen der A.________ und der ESTV zu den mehrwertsteuerlichen Folgen der beabsichtigten Geschäfte stellte die ESTV mit Verfügung vom 11. Oktober 2017 fest, dass "die Bewirtschaftung von Hypotheken, welche die A.________ aufgrund der abgeschlossenen Vereinbarung über die Bewirtschaftung von Hypotheken gegenüber der B.________ erbringt, (...) zum Normalsatz steuerbar ist." 
Gegen die Verfügung der ESTV vom 11. Oktober 2017 erhob die A.________ Einsprache; die ESTV leitete die Einsprache in der Folge im Einvernehmen mit der A.________ zur weiteren Behandlung als Sprungbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht weiter. Mit Urteil vom 5. November 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 12. Dezember 2018 gelangt die A.________ an das Bundesgericht. Sie beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sei festzustellen, dass sich das Verhältnis der B.________, der A.________ und der Bankkunden (...) nach Art. 20 Abs. 3 MWSTG beurteile; demgemäss sei zu entscheiden, dass die Servicing Fees, welche die A.________ gemäss der Bewirtschaftungsvereinbarung von der B.________ erhalte, kein separat zu besteuerndes Leistungsentgelt darstellten. 
Die ESTV beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht verzichtet auf inhaltliche Stellungnahme. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein verfahrensabschliessender (Art. 90 BGG) Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts (Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG) über eine Feststellungsverfügung der ESTV auf dem Gebiete der Mehrwertsteuer (Art. 82 lit. a BGG). 
Nach Art. 82 Abs. 1 MWSTG trifft die ESTV von Amtes wegen oder auf Verlangen der steuerpflichtigen Person "alle für die Steuererhebung erforderlichen Verfügungen". Eine Verfügung ist von Amtes wegen oder auf Verlangen der steuerpflichtigen Person auch zu treffen, wenn für einen bestimmten Fall vorsorglich die amtliche Feststellung der Steuerpflicht, der Steuerforderung, der Grundlagen der Steuerbemessung, des anwendbaren Steuersatzes oder der Mithaftung beantragt wird oder als geboten erscheint. Damit ist im Mehrwertsteuerverfahren eine Feststellungsverfügung zulässig, sofern ein schutzwürdiges Interesse an der beantragten Feststellung besteht (Art. 25 Abs. 2 VwVG; SR 172.021; vgl. dazu Urteil 2C_982/2014 vom 1. September 2015 E. 2). Schutzwürdig ist das Interesse, wenn der Steuerpflichtige bei Verweigerung der Feststellung Vorkehren treffen oder unterlassen würde und ihm dadurch Nachteile entstünden (RHINOW/KOLLER/KISS/THURNHERR/BRÜHL-MOSER, Öffentliches Prozessrecht, 3. Aufl. 2014, S. 366 Rz. 1279). Das ist vorliegend der Fall. Entsprechend ist die Beschwerdeführerin auch beschwerdelegitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Weil auch die übrigen Beschwerdevoraussetzungen erfüllt sind (Art. 42 Abs. 1, Art. 100 Abs. 1 BGG), ist auf die Beschwerde einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Im bundesgerichtlichen Verfahren gilt der Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG). Unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft das Bundesgericht jedoch nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5 S. 144).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Feststellungen ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich. Von den tatsächlichen Grundlagen des vorinstanzlichen Urteils weicht das Bundesgericht jedoch nur ab, wenn diese offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6 S. 144 f.).  
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 20 Abs. 3 MWSTG: Anders als die Vorinstanz annehme, habe sie ab dem Zeitpunkt der Zession ihrer Hypothekarforderungen an die B.________ nicht nur bezüglich der Hypothekengewährung an sich, sondern auch bezüglich der Bewirtschaftung dieser Hypotheken gegenüber den Bankkunden als (mehrwertsteuerlich) indirekte Stellvertreterin der B.________ gehandelt. Die Bewirtschaftungsleistungen, die sie zivilrechtlich betrachtet für die B.________ erbringe, müssten für die Zwecke der Mehrwertsteuer mit Blick auf Art. 20 Abs. 3 MWSTG "negiert" werden. Stattdessen sei das Leistungsverhältnis zwischen ihr und der B.________ mit Blick auf die Hypothekenverwaltung so zu qualifizieren, wie das Leistungsverhältnis zwischen ihr und den Bankkunden. Insoweit liege aber eine steuerausgenommene Leistung im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. a MWSTG vor ("Verwaltung von Krediten durch die Kreditgeber").  
 
3.2. Die Zuordnung von Leistungen im Dreiparteienverhältnis wird durch Art. 20 MWSTG geregelt. Als Grundsatz gilt, dass eine Leistung von derjenigen Person erbracht wird, die nach aussen hin als leistungserbringende Person auftritt (vgl. Art. 20 Abs. 1 MWSTG). Soweit eine Person im Namen und für Rechnung einer anderen Person handelt, gilt die Leistung als durch die vertretene Person getätigt ("direkte Stellvertretung", vgl. zu den weiteren Voraussetzungen Art. 20 Abs. 2 lit. a und b MWSTG). Tritt die leistungserbringende Person hingegen in eigenem Namen auf ("indirekte Stellvertretung") wird die Leistung ihr persönlich zugerechnet; das Leistungsverhältnis zwischen der nach aussen auftretenden Person und der die eigentliche Leistung erbringenden Person wird diesfalls gleich qualifiziert wie das Leistungsverhältnis zwischen der nach aussen auftretenden Person und der leistungsempfangenden Person (Art. 20 Abs. 3 MWSTG).  
 
3.3. Die Frage der Zuordnung stellt sich in der Regel freilich nur dann, wenn am Leistungsverhältnis mehr als zwei Rechtssubjekte beteiligt sind (vgl. FELIX GEIGER, in: Geiger/Schluckebier [Hrsg.], MWSTG-Kommentar, 2. Aufl. 2019, N. 7 zu Art. 20 MWSTG).  
Die Vorinstanz erwog diesbezüglich, auszugehen sei vorliegend von zwei unterschiedlichen Leistungsverhältnissen: Gegenstand des einen Leistungsverhältnisses bilde die steuerausgenommene Gewährung von Hypothekarkrediten gegen die Entrichtung von Hypothekarzinsen als Entgelt. Gegenstand des anderen - von der Hypothekengewährung zu trennenden - Leistungsverhältnisses bilde die Bewirtschaftung der Hypothekarforderungen. An diesem letzteren Leistungsverhältnis beteiligt seien ausschliesslich die A.________ (als Leistungserbringerin) und die B.________ (als Leistungsempfängerin). Die ESTV stützt diesen Standpunkt in ihrer Vernehmlassung und führt aus, die Hypothekarkunden bezögen "nur eine Finanzierungsleistung (Zurverfügungstellung von Kapital) und bezahl[t]en dafür ein Entgelt (Zins) ". 
Gegen diese Würdigung wendet die Beschwerdeführerin unter Heranziehung verschiedener Beispiele für Bewirtschaftungsleistungen ein, Empfänger der strittigen Bewirtschaftungsleistungen seien vor allem die Bankkunden; entgolten hätten die Bankkunden diese Bewirtschaftungsleistungen mit ihren Zinszahlungen. 
 
3.4. Der Standpunkt der Beschwerdeführerin überzeugt nicht: Bis zur Zession ihrer Hypothekarforderungen an die B.________ hat sie die in der Beschwerde nun als "Bewirtschaftungsleistungen zugunsten der Kunden" etikettierten Tätigkeiten in erster Linie für sich selber erbracht, und sich diesbezüglich gegenüber ihren Kunden weder vertraglich verpflichtet, noch entsprechend Rechnung gestellt (vgl. die entsprechenden, für das Bundesgericht verbindliche Feststellungen in E. 3.4 des angefochtenen Urteils; dies dürfte in der Praxis dem Regelfall entsprechen, vgl. CAMENZIND/HONAUER/VALLENDER/JUNG/PROBST, Handbuch zum MWSTG, 3. Aufl. 2012, N. 1230). Sie hat damit keine Leistung im mehrwertsteuerlichen Sinne erbracht (vgl. Art. 3 lit. c MWSTG, wonach unter dem Leistungsbegriff "die Einräumung eines verbrauchsfähigen wirtschaftlichen Wertes an eine Drittperson in Erwartung eines Entgelts" gemeint ist). Ein Blick auf die von der A.________ zitierten Beispiele für die (internen) "Bewirtschaftungsleistungen" bestätigt diese Sichtweise: Rechnungsstellung, Mahnwesen, Inkasso und Bewirtschaftung von Realsicherheiten sind Tätigkeiten, die allein oder zumindest vorrangig im Interesse der Hypothekargläubigerin liegen. Die Kontoführung (einschliesslich Erstellung von Bankauszügen) und - in der Beschwerde nicht erwähnt - die Ausstellung von Bescheinigungen für die Steuerbehörden liegen zwar auch im Interesse der Kunden; sie treten jedoch gegenüber den anderen "Bewirtschaftungshandlungen" auch aufgrund ihres mutmasslichen zeitlichen Aufwands in den Hintergrund, zumal die Beschwerdeführerin nicht geltend macht, diese Leistungen seien den Hypothekarschuldnern jemals selbständig in Rechnung gestellt worden.  
 
3.5. Zu dem Zeitpunkt, als die Hypothekarforderungen noch nicht an die B.________ zediert waren, hat die A.________ die "Bewirtschaftungsleistung" damit schwerpunktmässig für sich selber als Hypothekargläubigerin erbracht, und nicht etwa für die Hypothekarschuldner. An dieser Interessenausrichtung hat sich allein aufgrund der Zession der Hypothekarforderungen an die B.________ nichts geändert: Nach wie vor erbringt die Beschwerdeführerin die Bewirtschaftungsleistungen vorrangig für die Hypothekargläubigerin, nunmehr also für die B.________. Mit Blick auf diese Leistungen liegt deshalb kein Dreiparteienverhältnis vor, und die Frage der Zuordnung der Leistung nach Art. 20 MWSTG stellt sich nicht (vgl. E. 3.3 hiervor). Unbestritten ist, dass bei einer solchen Sichtweise mit Blick auf die streitigen "servicing fees" (vgl. oben, Bst. A.c) keine Steuerbefreiung Platz greift (vgl. Art. 21 Ziff. 19 lit. a und b MWSTG, wonach [nur] die Verwaltung von Krediten bzw. Kreditsicherheiten durch die Kreditgeber und Kreditgeberinnen steuerausgenommen ist). Der angefochtene Entscheid ist deshalb bundesrechtlich nicht zu beanstanden und die Beschwerde entsprechend abzuweisen.  
 
4.  
Bei diesem Verfahrensausgang trägt die Beschwerdeführerin die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 65 in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 12. Dezember 2019 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Brunner